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Wie geht man mit Glaubenszweifel um? Meine Geschichte

Die selige WissenschaftEvan GarrettMonday, 3/4/2024
15 Min.
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Das Thema Zweifel wird unter Christen nicht oft genug in einem konstruktiven Kontext diskutiert. Wenn mich meine eigene schmerzhafte und doch erlösende Vergangenheit jedoch etwas lehrt, dann, dass selbst Zweifel eine konstruktive Kraft für den Glauben darstellen können und nicht nur eine dekonstruktive.

Podcast Folge (Die selige Wissenschaft)

Zweifel in der Kirche

Hast du jemals an deinem christlichen Glauben gezweifelt? Oder kämpfst du vielleicht gerade damit? Viele Menschen tun das oder haben es getan. Und doch ist Glaubenszweifel leider etwas, das nicht gerne offen in der Kirche besprochen wird. Er wird oft zu unrecht als moralisches Versagen angesehen oder überhaupt wird das Thema lieber vermieden, weil Zweifler Fragen oft haben, auf die viele normale Gläubige keine Antworten haben.

Ironischerweise ist es aber oft gerade diese mangelnde Bereitschaft, über Glaubenszweifel zu sprechen, die dazu führt, dass Zweifler die Kirche verlassen. Fragen verschwinden ja nicht einfach. Wenn jemand seine Zweifel nicht offen in der Kirche besprechen kann, diskutiert er sie offen mit dem Rest der Welt und findet dadurch natürlich viele Gründe, den Glauben zu verlassen, auch wenn es aus intellektueller Sicht gute Antworten auf seine Fragen gäbe.

Zweifel gehört doch zum Glauben

In Wirklichkeit sind Zweifel und Glaube eine zweiseitige Medaille. Es mag überraschen, aber der Zweifel gehört zum Glauben- als Ausdruck des ernsthaften Versuchs, etwas wirklich zu glauben und auszuleben. Er ist keineswegs etwas Schändliches, das man eher für sich behalten sollte. Zweifel sind notwendig, um unseren Glauben zu verfeinern und zu vertiefen. In der tat finden sich überall in der Heiligen Schrift und in der christlichen Tradition Geschichten von Menschen, die wir heute als Heilige ansehen, die damit zu kämpfen hatten, dass sie Gott nicht vertrauen oder nicht glauben konnten, dass es ihn wirklich gibt.

Das gegenwärtige intellektuelle Klima macht den richtigen Umgang mit Zweifel äußerst wichtig

Nun schon immer hat es tiefe existenzielle und schmerzhafte Zweifel am eigenen Glauben gegeben. Das Problem heute ist, dass wir jetzt leben - zum ersten Mal seit mehr als anderthalb Jahrtausenden in Deutschland - in einem kulturellen Moment, der dem christlichen Glauben im Allgemeinen zutiefst ablehnend und skeptisch gegenübersteht, und auch in einer Zeit, in der echte intellektuelle Einwände gegen den christlichen Glauben sehr prominent und praktisch jedem bekannt geworden sind, während die nicht unvernünftige philosophische Argumente die für Gott sprechen nicht bekannt oder missverstanden sind.

Eine Krise des geistlichen Vertrauens kann heute deshalb schnell zu einer tiefen existenziellen und intellektuellen Infragestellung des gesamten Paradigmas des religiösen Denkens und noch viel mehr werden.

Und genau das ist meine Geschichte. In dieser Folge werde ich mein Bestes tun, um die ursprüngliche Frage zu beantworten: Wie geht man konkret mit diesen Glaubenszweifeln um? Ich erzähle meine eigene Geschichte und bespreche einige Einsichten und praktische Tipps, die mir als unabdingbare Lösungen geworden sind. Hin und wieder hole ich mir auch Hilfe von dem Philosophen Gary Habermas, der viel Erfahrung mit diesem Thema hat. Wenn du derzeit unter Zweifeln an deinem Glauben leidest, könnte das hilfreich für dich sein.

Meine Geschichte

Eine der schwierigsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe, war eine lange Phase intensiver, lähmender Zweifel an meinem christlichen Glauben, ziemlich bald nachdem ich Christ geworden war.

Der emotionale und existenzielle Schmerz dieser Erfahrung war von einem Ausmaß, das ich weder zuvor erlebt hatte, noch mir damals als möglich hätte vorstellen können. Jesus Christus als der menschgewordene Gott und Erlöser der Welt war für mich wahrhaftig die Sonne, die das Wohl meiner ganzen Welt stützte, und der zentralste Teil meines Lebens. Ihn zu verlieren, indem ich an den Grundsätzen meines Glaubens zweifelte, bedeutete für mich, absolut alles zu verlieren. Dieser Prozess des Zweifelns bestand aus zwei großen Phasen, die seither die Gestalt meines Lebens bestimmen.

Die erste war eine Phase des emotionalen Zweifels, die etwa zwei Jahre dauerte. Das legte sich und ging in eine Phase des eher gefühllosen intellektuellen Zweifels über, die etwa zwei bis drei Jahre dauerte. Es ist vielleicht in dem Fall sogar falsch, von "Glaubenszweifeln" zu sprechen, denn irgendwann wurde ich langsam von einem Christen, der mit dem Glauben kämpfte, zu einem Agnostiker-Atheisten mit einem gewissen christlichen Sympathien. Die gute Nachricht ist, dass, obwohl sich der größte Teil dieser Erfahrung wie ein endloser Tunnel aus emotionalem Schmerz, Verwirrung, existenzieller Verzweiflung und schließlich Gefühllosigkeit anfühlte, am Ende gab es tatsächlich ein strahlendes Licht. Ich habe meinen Glauben wiedergefunden und dadurch mein Verständnis vom Christentum vollständig dekonstruiert und auf einem viel solideren Fundament neu aufgebaut. Aber fangen wir von vorne an:

Ich wurde im Alter von 18 Jahren durch eine lebensverändernde Bekehrungserfahrung Christ, die ich beim Lesen des Römerbriefs im Neuen Testament hatte. In den folgenden Jahren erlebte ich ein stetiges und lebensveränderndes Wachstum in meinem Glauben und als Person. Ich fand nicht nur eine neue Fähigkeit, die sündigen Gewohnheiten, die mich bis dahin in Ketten gehalten hatten, wirklich zu überwinden- auch die Welt selbst schien mit mir zu wachsen, als mein Herz immer wieder von der Schönheit dieses Gottmenschen Jesus gebrochen wurde, der die Macht der Sünde über mich gebrochen hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben hatte ich die Sterne nur bei Nacht gesehen. Jetzt war die Morgendämmerung gekommen und ich erblickte die Sonne selbst. Ich wollte nichts anderes.

Ich hatte mir angewöhnt, jeden Tag stundenlang zu beten, und ich hatte begonnen, meine Zukunftspläne zu ändern. Ich begann, an Missionen im Nahen Osten zu denken und nicht mehr an die Ingenieurslaufbahn, die ich bisher geplant hatte. Aber ich erinnere mich genau an eine Novembernacht, in der plötzlich das Licht einfach ausging. Als ich betete, hatte ich nicht das Gefühl, dass Gott wirklich da war. Natürlich versuchte ich, das durchzustehen, es wurde aber nur noch schlimmer. Bei meiner Arbeit an der Universität arbeitete ich mit Atheisten zusammen, die von der Bewegung des "neuen Atheismus" geprägt waren - sie stellten meine religiöse Hingabe in Frage und gaben mir Bücher zu lesen und Filme zu sehen, die alles, was ich glaubte, in Frage stellten.

Nun viele andere Christen sind auch mit der neuen atheistischen Bewegung in Berührung gekommen, ohne davon so stark betroffen zu sein. Warum hat es mich so tief getroffen, obwohl ich einen so blühenden Glauben hatte? Abgesehen davon, dass ich ein emotional sehr sensibler Mensch war, lag ein Grund darin, dass ich intuitiv glaubte und immer noch glaube, dass mein Glaube in der Lage sein sollte, diese Fragen zu beantworten. Schon damals schien mir klar, dass die Vorstellung, der Glaube sei auf eine von der realen Welt getrennte existenzielle Sphäre beschränkt und von der Vernunft unantastbar, einfach nicht wahr sein konnte. Wenn Christus nicht buchstäblich von den Toten auferstanden ist, dann, wie der Heilige Paulus sagte: "ist unser Glaube in der Tat vergeblich und wir sind von allen Menschen am meisten zu bemitleiden".

Ich wusste also, dass ich diese Bücher und Filme ernst nehmen musste. Ich las sie und sah mir die Videos an. Ich hatte keine Antworten. Ich suchte nach christlichen intellektuellen Antworten, und ich fand einige, aber nicht auf alle Einwände, die vorgebracht wurden. Und sie waren im Allgemeinen leider nicht intellektuell befriedigend.

Emotionaler Zweifel

Damit begann für mich eine Zeit des äußerst schmerzhaften emotionalen Zweifels. In einem Moment hatte ich das Gefühl, dass ich wirklich darauf vertrauen konnte, dass es Gott gibt, nachdem ich ein Argument für Gottes Existenz gelesen hatte. Aber dann begann sich in mir so etwas wie ein innerer Atheist zu entwickeln, der jedes Argument zerriss und mich danach als Wrack zurückließ, das nicht an den Atheismus glauben wollte, aber nicht an das Christentum glauben konnte. Damit begann ein Prozess, bei dem es sich anfühlte, als würde mein eigenes Herz herausgerissen werden. Es war nicht die Art von erlösendem Leiden, in dem man die Möglichkeit von Wachstum und Erneuerung sieht. Es war bei allem Anschein ein Leiden bis zum Abgrund. Es gab nichts als schwärzende Hoffnungslosigkeit. Noch bevor ich die Prophets verheerende Beschreibungen der Implikationen der Atheismus in Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" las spürte ich die atomistische Willkür, die mein Wesen und meine Existenz in einer wahrhaft gottlosen Welt bedrohte. Die Hoffnung, die ich gehabt hatte, war eine Illusion. Wir lebten in einem leeren, bedeutungslosen Universum, das, wie der Nietzsches Prophet sagte, von der Sonne, die Gott repräsentiert hatte, losgelöst war - es gab kein Auf oder Ab, nur ein ständiges richtungsloses Treiben. Der Mensch Jesus so inspirierend wie er auch sein mag, war nur ein Mensch. Oder er mag auch überhaupt nicht existiert haben. Ich hatte sogar das Gefühl, dass ich selber immer unwirklicher wurde, je mehr ich vermutete, dass der Atheismus tatsächlich wahr sein mag.

Ich hatte Hilfe von anderen Christen und wurde sogar von Theologen und Philosophen kontaktiert, die mir großzügig bei meinen Problemen geholfen haben. Mit der Zeit erfuhr ich eine gewisse emotionale Unterstützung, die meinen Glauben bis zu einem gewissen Grad wiederherstellte. Auf jeden Fall lenkte ich mich ab, indem ich in Philosophie-Anthologien eintauchte. Das konnte zwar nicht das schmerzende Loch in meinem Herzen ersetzen, wo einst Christus gewesen war, aber es verschaffte mir eine Art intellektuelle Neugier und Ablenkung, die mir letztlich half, den Schmerz zu übertönen und zu einer oberflächlichen emotionalen Stabilität zurückzukehren. So konnte ich mein Studium und meine normalen Lebensaufgaben weiterführen. Aber zum Glauben und zum Gebet kam ich nur noch sehr schwer. Mein Glaube wurde zwar sozial aufrechterhalten, aber nicht intellektuell.

Aber der Versuch, konsequent mit einem Glauben zu leben, der nur sozial gestützt ist, funktioniert einfach nicht. Denn aufrichtiges Gebet und Umkehr von Sünden ist der einzige Motor des echten Glaubens. Ein fehlen dieser Gewohnheiten und das resultierende oberflächliche geistliche Leben stoßt schnell zusammen, wenn die Herausforderungen des Lebens man dazu bringen, sich auf tiefere Dinge zu verlassen als nur auf sozial gestützte Überzeugungen. Irgendwann wich meine Stabilität durch Schwierigkeiten in meinem Leben und ich brach erneut in einer Welle von Zweifeln zusammen. Nur dass ich dieses Mal, nachdem ich Philosophie zu einem gewissen grad studiert hatte- (zumindest in dem die "Einführung in die Philosophie" Professoren dich zum Zweifel an wirklich fast alles bringen um dir zu zeigen, wie wichtig Philosophie ist), nicht nur begann, die Existenz Gottes ernsthaft anzuzweifeln, sondern auch die Existenz von so ziemlich allem außerhalb meines eigenen Bewusstseins. In meinen schwächeren Momenten zerriss es mich innerlich. Ich erinnere mich, dass meine Skepsis so radikal war, dass ich mich morgens nicht mehr aus dem Bett traute, weil ich nicht glauben konnte, dass es eine reale Welt gab, der ich mich stellen musste - nur eine Illusion. Als ich den Mut aufbrachte, mein existenzielles Dumpsterfire von der scheinbar realen, konkreten Welt um mich herum abzutrennen, versuchte ich, Lösungen zu finden. Psychologen, die ich um Hilfe bat, sagten, dass ich eindeutig intelligent sei und daher absolut in Ordnung zu sein schien - und das, obwohl die inneren Mauern meines eigenen Wesens um mich herum zusammenbrachen.

Mit der Zeit begann ich, mich intensiver mit Psychologie und Philosophie zu beschäftigen. An der Universität kam ich zu der merkwürdigen Erkenntnis, dass ich mit etwas zu tun hatte, das über die rein intellektuelle Ebene hinausging. Und das auch wenn es die Maske des tatsächlichen intellektuellen Skeptizismus geschickt zu tragen schien. Es war etwas anderes im Spiel, und obwohl meine intellektuellen Zweifel legitim waren, war das nicht das eigentliche Problem, das dazu führte, dass ich nicht in der Lage war, irgendetwas zu glauben.

Schließlich erkannte ich auf einer tieferen Ebene, dass es einen völlig anderen Teil meines bewussten Erlebens gibt als meinen Intellekt. Dieser Teil von uns wurde von den Philosophen seit den Griechen als die Leidenschaften von der Vernunft unterschieden - obwohl wir aus irgendeinem Grund heute nicht mehr so oft über diese Unterscheidung sprechen. An diesem Punkt in meinem Leben erkannte ich, dass meine Leidenschaften mehr Kontrolle über mich zu haben schienen als meine eigentlichen Überzeugungen und Vernunft. Es wäre unfair, hier von Emotionen als Problem zu sprechen, denn was ich erlebte, waren keine Emotionen, sondern das überwucherte Gebäude eines Verstandes, der ganz und gar von der Emotion der Angst zerfressen war. Es ging hier um Ängsten, und schließlich wurde mir klar, dass mich diese existenzielle Krise in eine schwere Angststörung getrieben hatte.

Der Stoizismus kam zur Rettung

Eine anfängliche Lösung, die sich mir scheinbar aus dem Nichts bot, war eine, die ich mir zu der Zeit unmöglich hätte vorstellen können. Eines Tages wurde ich eingeladen, dem Cross-Country-Laufteam im College beizutreten. Aus irgendeinem Grund stimmte ich zu.

Lange Strecken zu laufen war für mich eine lebendige Metapher und der Schlüssel dafür, wie ich lernen konnte, meine Ängste unter Kontrolle zu bringen. Sich anzugewöhnen, Schmerzgefühle anzuerkennen, ihnen aber nicht die volle Kontrolle über den Verstand zu geben, ist absolut notwendig, um lange Strecken zu laufen, sonst ist man schon nach wenigen Kilometern raus - lange Strecken zu laufen ist nichts anderes als eine Weisheit im Umgang mit langfristigen Schmerzen zu lernen. Warum tun Menschen das? Ich weiß es nicht. Aber ich laufe trotzdem immer noch fast jeden Tag.

In den folgenden Monaten und dann Jahren, auf diesen langen Läufen in brütende Hitze der südöstlichen USA, schrien mich nicht nur meine schwächelnden Glieder und Organe an, ich solle aufhören, sondern auch die Schrecken, die tief in den Spalten meines Gehirns und Geistes verborgen waren, kamen mit neuer Kraft zum Vorschein, besonders in Momenten körperliche Schwäche. Personifizierte Stimmen der Skepsis und des Zynismus flüsterten mit Honig überzogene Lügen, die, wenn ich ihnen nachgab, meine geistige, emotionale und körperliche Kraft völlig zu versagen schienen.

Ich merkte aber langsam, dass es sehr hilfreich war, sie beiseite zu schieben und die objektiven Fragen, die sie stellten, zu notieren, um mich später mit ihnen auseinanderzusetzen. Das führte mich zu einer Art körperlichem und dann irgendwann auch geistigem Stoizismus, der durch die Lektüre der Meditationen des stoischen Philosophen Marc Aurel wunderbar ergänzt wurde.

Dass ich mein Denken und Handeln immer mehr in der Vernunft und weniger in meinen Emotionen verortete, führte mich nicht nur zur Entdeckung der tiefen Stabilität, Zuverlässigkeit und Freude der Vernunft, sondern auch zu der sehr bedeutsamen Einsicht, dass wir Menschen das Gegenteil von einem Gehirn am Stiel sind - wir haben bedeutende emotionale und moralische Dimensionen in unserem Bewusstsein, die uns zutiefst beeinflussen. Wir müssen auf diese Weise diszipliniert werden, bevor wir überhaupt anfangen können, richtig mit der Welt der Ideen und der Realitäten umzugehen. Die Leidenschaften können die Vernunft überwältigen und lähmen auf unterschiedliche Weise.

Nach vielen Monaten dieses Wachstums und Studiums gewann ich schließlich unglaublicherweise die Kontrolle über mein Gefühls- und Gedankenleben zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich zwar das Monster aus Angst und Furcht überwunden, das mich daran hinderte, mich wirklich auf meinen Glauben zu verlassen, aber es wurde mir immer klarer, dass ich tatsächliche, erhebliche intellektuelle Zweifel am Christentum hatte, die nicht ausgeräumt waren.

Jetzt, wo ich emotional stabil war, war der einzige Weg, sie wirklich zu lösen, sie ganz ernst zu nehmen. Ich beschloss, diese philosophische und Glaubenszweifel systematisch durchzugehen und auch mehr von Nichtchristen zu lesen, die meinen Glauben an die Existenz Gottes und an das Christentum kritisieren.

Es mag nun kontraproduktiv klingen, aber die Lektüre von Skeptikern meines Glaubens war der erste Schritt, um mich wirklich von meinen Zweifeln zu erholen. Die ständige Angst oder Sorge, dass ich etwas übersehen oder die Kritiker meiner Weltanschauung nicht richtig verstanden habe, verhinderte, dass ich jemals auf festem Boden stehen konnte. Wenn ich wirklich eintauchte und Atheisten, Agnostikern und Nichtchristen ernsthaft zuhörte, hatte ich das Gefühl, die wahren Gründe für meine Zweifel am Christentum wirklich zu verstehen.

Intellektueller Zweifel

Nachdem ich diesen Stimmen über lange Zeit zugehört hatte, kam ich jedoch zu der Überzeugung, dass das Christentum vielleicht doch nicht wahr ist. Zum einen sah ich keine Möglichkeit zu leugnen, dass der Mensch irgendwie Affen und frühe Hominiden als sehr entfernte evolutionäre Vorfahren hatte, und ich glaubte nicht, dass das mit der Bibel im Einklang zu bringen war. Außerdem erschien mir das Konzept des freien Willens logisch inkohärent - es machte freie Entscheidungen und Verantwortung unmöglich. Die Auferstehung Jesu konnte nur für diejenigen als Beweis für das Christentum gelten, die bereits glaubten, dass Gott in irgendeiner Form existierte, andernfalls wurde sie durch Humes Argumentation über Wunder außer Kraft gesetzt. Es gab so viele Religionen - warum also ausgerechnet das Christentum, nur weil es das dominanteste Glaubenssystem in diesem winzigen Teil der Menschheitsgeschichte war? Das Problem des Bösen war ein ernst zu nehmendes Argument gegen das Christentum, das die Beweiskraft aller Argumente für die Existenz Gottes, die vielleicht fast so viel Gewicht hatten, aufzuwiegen schien. Dies waren für mich unüberwindbare Hindernisse, um wirklich an die Wahrheit des Christentums zu glauben.

Da ich nun die Kritiker des Christentums gelesen und ernsthaft betrachtet hatte, in der Hoffnung, sie einfach besser zu verstehen, war ich von ihren Argumenten überzeugt worden. So sehr ich auch wollte, dass das Christentum wahr wäre, musste ich mich wieder von ihm trennen - diesmal nicht als Geliebter, dem das Herz herausgerissen wurde, sondern völlig gefühllos.

In dieser Zeit war ich dann damit konfrontiert, eine philosophische Weltsicht zu finden, die sowohl moralisches Verhalten als auch das Streben nach Wahrheit begründen könnte. Nach viel Lesen und inneren Kämpfen entschied ich mich schließlich für einen atheistisch-agnostischen Stoizismus, der sich vor allem auf Logos, also Vernunft als intrinsisches Zweck in sich, Wahrheit und Tugend konzentriert - und bis heute bin ich davon überzeugt, dass man Atheist sein und ein moralisches Leben führen kann. Aber das ist ein viel tieferes Thema, das wir später diskutieren können.

Als die Zeit verging und ich mehr über Philosophie erfuhr, wurde ich mir aber irgendwann bewusst, dass es christlichen Philosophen auf höherem Niveau gab. Da ich sie nun nach einigen Jahren philosophischer Studium verstehen konnte, wollte ich ihnen vielleicht nochmal eine Chance geben, mich davon zu überzeugen, dass der christliche Theismus plausibel ist. Und im Laufe der nächsten Jahren taten sie das zu meiner Überraschung. Praktisch alle meine Fragen und Einwände, die ich übrigens in einer separaten Folge diskutieren werde, fanden vernünftige Antworten, sowohl bei modernen christlichen analytischen und thomistischen Philosophen wie Plantinga, Van Inwagen, Rasmussen, Feser und so weiter, als auch bei den Philosophen der Geschichte wie Thomas von Aquin, Leibniz und Aristoteles. Nicht nur das, ich lernte auch Gründe für den Glauben an ein perfektes, notwendiges Wesen kennen, das für die Welt verantwortlich ist, die ich vorher noch nie gehört hatte. Und die atheistische Kritik an diesen Argumenten war zwar verständlich, aber im Allgemeinen nicht überzeugend.

Nach ein paar Jahren kam ich eines faulen Nachmittags beim Tagebuchschreiben zu der Erkenntnis, dass ich keinen Grund mehr hatte, an meinem Unglauben an das Christentum festzuhalten. Das Urteil war, auch wenn es keineswegs offensichtlich oder absolut sicher war, klar. Die Natur des Universums erforderte ein notwendiges Wesen. Eine Welt mit der irreduziblen Eigenschaft des Bewusstseins muss auf irgendeine Weise einen bewussten Schöpfer haben. Und ein bewusster Schöpfer muss daher Gründe für die Erschaffung der Welt gehabt haben. Die Einzigartigkeit der menschlichen Natur sowie die Verlässlichkeit der menschlichen kognitiven Fähigkeiten in Bezug auf metaphysische Wahrheiten wurden vom Naturalismus bei weitem nicht vorhergesagt. Selbst wenn ein völlig natürlicher evolutionärer Weg dorthin aufgezeigt werden könnte, würde das die große Unwahrscheinlichkeit des Weges zur Entwicklung der Menschen nicht aufheben.

Willenszweifel

Aber ich fand, dass ich das alles nicht glauben konnte. Meine Angst wurde bewältigt, und das war nicht der Grund. Ich entdeckte, dass es eine Art Herzenshärte war. Ich war zutiefst uninteressiert daran, wieder an etwas zu glauben, das man mir wegnehmen könnte, und auch, weil es in der philosophischen Kultur, mit der ich mich umgab, nicht gerade in Mode war, wirklich an Jesus zu glauben und ihm zu vertrauen. Und in Wirklichkeit hatte ich es mir bequem gemacht, ständig in einem Zustand der Unentschlossenheit und Unverbindlichkeit zu verharren. Es ist leicht, eine Weltanschauung mit einer mehr oder weniger respektablen Fassade aus berechtigten Fragen in Frage zu stellen. Aber es kann leicht zu einem Hindernis werden, eine Entscheidung wirklich umzusetzen, denn Untätigkeit ist bequem.

In C.S. Lewis' meisterhafter Allegorie über seine intellektuelle Rückkehr zum Christentum, nachdem er es als Atheist verlassen hatte, The Pilgrim's Regress, stand er am Ende seiner Reise vor einem tiefen Pool. Dieser Pool stand für den unvermeidlichen Glaubenssprung, den er machen musste, um die Schlucht zu überwinden, die zwischen ihm und der Insel stand, nach der er sich seit seiner Kindheit immer gesehnt hatte und die er auf seiner allegorischen Reise durch die vielen Länder Puritaniens auf so viele verschiedene Arten angezweifelt hatte.

In der Geschichte stand die Insel für transzendentale Freude und gehörte, wie Lewis nun nach einer langen intellektuellen Reise herausgefunden hatte, in Wirklichkeit zu der Religion seiner Jugend, die ihn so tief desillusioniert hatte, nämlich dem Christentum. Die einzige Möglichkeit, die Insel zu erreichen, bestand darin, seiner Führerin, Mutter Kirk - die die Kirche symbolisierte - zu vertrauen, dass er diese Insel auf der anderen Seite wirklich finden würde, nachdem er nun gute Gründe für dieses Vertrauen fand.

Der letzte Sprung

Mutter Kirk bestand aber darauf, dass er den tiefen Sprung des Glaubens in den Pool wagen musste - es gab keinen anderen Weg dahin. Als er sich auf den Sprung vorbereitete, wurden plötzlich tausend äußerst vernünftige Stimmen aus seiner eigenen Vergangenheit lauter, die seine Entscheidung in Frage stellten und ihn verspotteten. Aber schließlich wagte er den Sprung und - um es kurz zu machen - er schaffte es auf die andere Seite. Meine Erfahrung war ähnlich. Wieder einmal stand ich vor der Entscheidung, wirklich in diesen Glauben einzutauchen und Jesus Christus, dem Sohn Gottes, zu vertrauen. Schließlich schaffte auch ich den Sprung.

Der Glaube kam zwar nicht sofort, aber die eine große Hürde, nämlich meine Herzenshärte, war nun überwunden. Eines Tages, kurz danach, muss ich gerade wieder als Christ aufgewacht sein - still und unmerklich war ich auf der anderen Seite angekommen.

Und somit ist meine eigene Geschichte erzählt. Wie ich zu Beginn sagte, ist dieser Aufsatz in zwei große Teile aufgeteilt. Die nächste Folge wird den zweiten Teil enthalten. Hier werde ich die Arten von Zweifeln, die ich erlebt habe, genauer analysieren und die wichtigsten Dinge, die ich dadurch gelernt habe, sowohl auf philosophischer als auch auf praktischer Ebene erläutern.

Mit Genehmigung von Die selige Wissenschaft verwendet.