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Im intellektuellen Leerlauf

Reasonable FaithWilliam Lane CraigFriday, 12/15/2023
20 Min.
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Eine Aufforderung an Christen, ihren Intellekt zu betätigen.

Vor einigen Jahren kamen zwei Bücher heraus, die Schockwellen durch das amerikanische Bildungswesen jagten. Das erste davon, Cultural Literacy: What Every American Needs to Know von E. D. Hirsch, hielt fest, dass viele College-Studenten in den USA nicht das nötige Grundwissen haben, um die Titelseite einer Zeitung zu verstehen oder um sich als Bürger verantwortungsbewusst zu verhalten. So dachte beispielsweise ein Viertel der in einer kürzlich durchgeführten Umfrage befragten Studenten, dass Franklin D. Roosevelt während des Vietnam-Kriegs Präsident war. Zwei Drittel wussten nicht, wann der amerikanische Bürgerkrieg stattgefunden hat. Ein Drittel dachte, Kolumbus hätte die Neue Welt irgendwann nach 1750 entdeckt. In einer vor kurzem an der California State University in Fullerton durchgeführten Umfrage wusste mehr als die Hälfte der teilnehmenden Studenten nicht, wer Chaucer oder Dante waren. Neunzig Prozent wussten nicht, wer Alexander Hamilton war, obwohl er auf jedem Zehn-Dollar-Schein abgebildet ist.

Wenn sie nicht so alarmierend wären, könnte man diese Zahlen lustig finden. Was ist mit unseren Schulen passiert, dass sie mittlerweile solche schrecklich unwissenden Leute hervorbringen? Alan Bloom, der ein bedeutender Fachmann für Bildung an der Universität Chicago und der Autor des zweiten der oben erwähnten Bücher war, schrieb in The Closing of the American Mind, dass es einen handfesten Grund für die aktuelle Bildungsmisere gibt: nämlich die allgemeine Überzeugung unter den Studenten, dass die Wahrheit relativ ist und es sich daher nicht lohnt, nach ihr zu streben. Bloom schreibt:

„Es gibt eines, dessen sich ein Professor absolut gewiss sein kann: Fast jeder Student, der neu auf die Universität kommt, glaubt – oder behauptet zu glauben –, dass die Wahrheit relativ ist. Stellt man diese Überzeugung auf den Prüfstand, kann man mit folgender Reaktion auf Seiten der Studenten rechnen: Verständnislosigkeit. Dass jemand diese Behauptung nicht als selbstverständlich ansehen würde, erstaunt sie – das ist für sie so, als stelle jemand 2 + 2 = 4 in Frage. Darüber brauche man doch eigentlich gar nicht nachzudenken (…) Dass dies für Studenten eine moralische Sache ist, zeigt der Charakter ihrer Antwort, wenn man sie herausfordert – eine Mischung aus Unglaube und Empörung: „Bist du etwa Absolutist?“ (das ist die einzige ihnen bekannte Alternative) und sie stellen diese Frage in demselben Ton wie „Glaubst du wirklich an Hexen?“ Das führt zu ihrer Empörung, denn jemand, der an Hexen glaubt, könnte auch gut ein Hexenjäger oder ein Hexenrichter von Salem sein. Die Gefahr des Absolutismus, vor der man sie gewarnt hat, liegt nicht etwa darin, dass er nicht wahr ist, sondern darin, dass er intolerant ist. Relativismus sei für Offenheit erforderlich; und diese ist die Tugend, die einzige Tugend, um deren Vermittlung man sich in der gesamten Grundschulbildung der letzten fünfzig Jahre bemüht hat. Offenheit – und der Relativismus, durch den sie angesichts verschiedenster Wahrheitsansprüche und verschiedenster Lebensweisen und Arten von Menschen zum einzig plausiblen Standpunkt wird – sei die größte Erkenntnis unserer Zeit (…) Ein Studium der Geschichte und der Kultur zeigt, dass früher alle wahnsinnig waren; die Menschen dachten immer, sie hätten Recht, und das führte zu Kriegen, Verfolgungen, Sklaverei, Xenophobie, Rassismus und Chauvinismus. Es geht nicht darum, die Fehler zu korrigieren und wirklich Recht zu...

Fortsetzung hier: https://de.reasonablefaith.org/schriften/popularwissenschaftliche-schriften/im-intellektuellen-leerlauf.