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Gott und die „ungeheure Effektivität der Mathematik“

Reasonable FaithWilliam Lane CraigSunday, 10/4/2020
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Weder der Realismus noch der Anti-Realismus bezüglich mathematischer Objekte leisten einen nennenswerten Beitrag zur Beantwortung der Frage, warum die Mathematik überhaupt so gut auf die physikalische Welt anwendbar ist. Der Theismus liefert hier die beste Antwort.

Das Problem der Anwendbarkeit der Mathematik auf die physische Welt

Philosophen der Mathematik sind geteilter Meinung darüber, ob mathematische Objekte wie Zahlen, Mengen, Funktionen und so weiter wirklich in der Realität existieren oder nicht. Realisten betrachten solche Objekte als abstrakte Entitäten, welche denkunabhängig, außerhalb von Raum und Zeit und kausal wirkungslos sind. Anti-Realisten hingegen sind sich darin einig, dass solche Objekte nicht wirklich existieren.

Eines der zentralen Probleme, mit denen sowohl Realisten als auch Anti-Realisten konfrontiert sind, betrifft das, was nach dem Physiker Eugene Wigner als „die unglaubliche Effektivität der Mathematik“ berühmt geworden ist [1] . Wie kann es z.B. sein, dass ein mathematischer Theoretiker wie Peter Higgs über mathematische Gleichungen brütend an seinem Schreibtisch sitzt und dabei die Existenz eines fundamentalen Partikels voraussagt, das 30 Jahre später mit großen finanziellen und intellektuellen Anstrengungen tatsächlich experimentell nachgewiesen werden konnte? Mathematik ist die Sprache der Natur. Aber was ist hierfür die Erklärung?

Theisten haben es beträchtlich leichter als Naturalisten, diese Frage zu beantworten. Ihnen zufolge existiert ein personales, transzendentes Wesen (nämlich Gott), welches das Universum entworfen und geschaffen hat. Naturalisten hingegen vertreten die Ansicht, dass das Raum-Zeit-Gefüge und sein physikalischer Inhalt alles ist, was konkret existiert. Egal, ob man nun ein Realist oder Anti-Realist bezüglich mathematischer Objekte ist, es scheint, dass der Theist einen entscheidenden Vorteil gegenüber einem Naturalisten hat, wenn es darum geht, den ungeheuren Erfolg der Mathematik zu erklären.

Realismus: Nicht-theistisch und theistisch

Betrachten wir zunächst die Perspektive des Realismus, was die Anwendbarkeit der Mathematik auf die Welt angeht. Für den nicht-theistischen Realisten ist die Tatsache, dass die physikalische Welt sich im Einklang mit kausal wirkungslosen mathematischen Entitäten verhält, die außerhalb von Raum und Zeit existieren, in den Worten der Philosophin der Mathematik Mary Leng „ein glücklicher Zufall“ [2]. Machen wir ein Gedankenexperiment: Wenn (was unmöglich wäre) alle abstrakten Objekte der Mathematik über Nacht verschwinden würden, hätte dies keinerlei Auswirkungen auf die physikalische Welt. Dies ist einfach nur Ausdruck der Tatsache, dass solche Objekte kausal wirkungslos sind. Die Idee, dass der Realismus irgendwie eine Erklärung für die Anwendbarkeit der Mathematik liefert, „ist tatsächlich sehr kontraintuitiv,“ wie es der Philosoph der Mathematik Mark Balaguer ausdrückt. „Die Idee ist hier folgende: Um zu glauben, dass die physikalische Welt so ist, wie es die empirische Wissenschaft sagt, müsste man glauben, dass es kausal wirkungslose mathematische Objekte gibt, die außerhalb von Raum und Zeit existieren“, eine Idee, die in sich unplausibel ist. [3]

Im Gegensatz dazu kann der Realist, der gleichzeitig Theist ist, sagen, dass Gott die Welt entsprechend der Struktur mathematischer Objekte gestaltet hat. Das ist im Wesentlichen die Sicht, die Platon in seinem Dialog Timaios verteidigt hat. Platon machte eine grundlegende Unterscheidung zwischen dem Reich der zeitlos existierenden Dinge (das stets Seiende) und dem Reich des zeitlichen Werdens (das stets Veränderliche).

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