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Gott ist noch nicht tot

Reasonable FaithWilliam Lane CraigMonday, 3/28/2022
13 Min.
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Nach der jüngsten Flut atheistischer Bestseller zu urteilen könnte man meinen, der Glaube an Gott sei für denkende Menschen der heutigen Zeit intellektuell nicht zu rechtfertigen. Doch ein Blick auf die Bücher von – unter anderen – Richard Dawkins, Sam Harris und Christopher Hitchens bringt rasch ans Licht, dass es dem sogenannten Neuen Atheismus an intellektueller Muskelmasse mangelt.

Nach der jüngsten Flut atheistischer Bestseller zu urteilen könnte man meinen, der Glaube an Gott sei für denkende Menschen der heutigen Zeit intellektuell nicht zu rechtfertigen. Doch ein Blick auf die Bücher von – unter anderen – Richard Dawkins, Sam Harris und Christopher Hitchens bringt rasch ans Licht, dass es dem sogenannten Neuen Atheismus an intellektueller Muskelmasse mangelt. In seliger Unkenntnis übersieht er die Revolution, die in der angloamerikanischen Philosophie geschehen ist. Er spiegelt eher den Szientismus [1] einer vergangenen Generation wider als die zeitgenössische intellektuelle Szene.

Ihren kulturellen Höhepunkt erreichte diese Generation am 8. April 1966, als das Time-Magazin eine Titelgeschichte brachte und die entsprechende Titelseite auf völlig schwarzem Hintergrund drei grellrote Wörter zeigte: „Ist Gott tot?“ Die Geschichte beschrieb die „Gott-ist-tot“-Bewegung in der damaligen amerikanischen Theologie.

Doch um es mit einem Ausspruch Mark Twains zu umschreiben, war die Nachricht vom Ableben Gottes voreilig. Denn während Theologen schon Gottes Nachruf verfassten, hatte eine neue Generation junger Philosophen bereits begonnen, seine Vitalität wiederzuentdecken.

In den 1940er und 1950er Jahren glaubten viele Philosophen, dass Gespräche über Gott, da sie sich nicht mit den fünf Sinnen verifizieren lassen, bedeutungslos sind – dass sie also barer Unsinn sind. Dieser Verifikationismus brach schließlich in sich zusammen, unter anderem weil Philosophen erkannten, dass der Verifikationismus selbst nicht verifiziert werden konnte! Das Scheitern des Verifikationismus war das wichtigste philosophische Ereignis des 20. Jahrhunderts. Sein Zusammenbruch bedeutete, dass Philosophen wieder die Freiheit hatten, traditionelle Probleme der Philosophie in Angriff zu nehmen, die der Verifikationismus unterdrückt hatte. Im Zuge dieses wiederauflebenden Interesses an traditionellen philosophischen Fragen trat etwas völlig Unerwartetes ein: eine Renaissance christlicher Philosophie.

Der Wendepunkt kam wahrscheinlich 1967 mit der Veröffentlichung von Alvin Plantingas God and Other Minds: A Study of the Rational Justification of Belief in God. Auf Plantinga folgte eine Schar christlicher Philosophen, die in wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten und an professionellen Konferenzen teilnahmen und in den besten akademischen Verlagen veröffentlichten. Das Gesicht der angloamerikanischen Philosophie wurde dadurch verändert. Der Atheismus, selbst wenn er noch der vorherrschende Standpunkt an amerikanischen Universitäten sein mag, ist eine Philosophie, die sich auf dem Rückzug befindet.

In einem kürzlichen Artikel beklagt Quentin Smith, Philosoph der University of Western Michigan, eine Entwicklung, die er als „Entsäkularisierung der akademischen Welt an den philosophischen Fakultäten seit Ende der 1960er Jahre“ bezeichnet. Er bedauert die Passivität der Naturalisten angesichts der Welle „intelligenter und begabter Theisten, die heute in die akademische Welt eintreten.“ Smith schließt mit den Worten: „Gott ist in der akademischen Welt nicht ‚tot‘; er kehrte Ende der 1960er Jahre ins Leben zurück und ist heute in seinen letzten akademischen Bastionen – den philosophischen Fakultäten – lebendig und wohlauf.“

Die Renaissance der christlichen Philosophie ging mit einem wiederauflebenden Interesse an der natürlichen Theologie einher, jenem Zweig der Theologie, der Gottes Existenz unabhängig von der göttlichen Offenbarung zu beweisen sucht. Ziel der natürlichen Theologie ist es, eine umfassende theistische Weltanschauung zu rechtfertigen – eine, die für Christen, Juden, Muslime und Deisten eine gemeinsame Grundlage darstellt. Zwar würden nur wenige von zwingenden Beweisen sprechen, aber alle traditionellen Argumente für die Existenz Gottes – ganz zu schweigen von kreativen neuen Argumenten – finden heute ihre geschliffenen...

Fortsetzung hier: https://de.reasonablefaith.org/schriften/popularwissenschaftliche-schriften/gott-ist-noch-nicht-tot.

Mit Genehmigung von Reasonable Faith verwendet.